Weihnachten in New York



Viele Jahre sind vergangen, seit Christian Daniel zuletzt gesehen hat. Chris war damals im letzten Jahr am College und als Assistent des Professors sollte er versuchen, dem viel zu selbstbewussten Erstsemester Daniel Nachhilfe zu geben.

Sieben Jahre später leckt Chris seine Wunden, nachdem er gebeten wurde, die Privatschule, an der er unterrichtet hatte, zu verlassen. Er hat keinen Job, kein Geld, und ist auf seine Freundin Amelia angewiesen, die ihm einen Job und ein Zimmer gibt. Er braucht ein großes Weihnachtswunder, um diese Weihnachtszeit zu irgendetwas anderem als einem totalen Reinfall zu machen.

Dann tritt Daniel wieder in sein Leben und plötzlich erscheint alles möglich. Daniel ist nicht nur der Mann, den Chris immer noch mehr als alles andere begehrt, dieses Mal schafft er es vielleicht sogar, Daniel zu sagen, wie er für ihn empfindet.

Ãœbersetzung: Chris McHart

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Auszug

Erstes Kapitel

21. November

Alles begann zwischen einem Atemzug und dem nächsten, mit der 75. Wiederholung von Lennons Weihnachtsklassiker in den Ohren und dem Geruch von Amelias Cranberry-Muffins in der Nase. Es war der Himmel und die Hölle gleichzeitig und all die Klischees dazwischen, eine Überraschung, die ihm so heftig in den Hintern trat, dass er fast umfiel.

Daniel. 

Daniel Bailey, von den Bostoner Baileys, der Junge, für den Chris so wahnsinnig geschwärmt hatte.

Groß. So verdammt groß, mit kastanienbraunem Haar und wunderschönen haselnussbraunen Augen, einem Grübchen am Kinn und hohen Wangenknochen, war Daniel Bailey einfach verflucht perfekt. Sie hatten zusammen studiert. Daniel war in Englisch Lit 101, weil es leicht zu sammelnde Punkte waren, und Chris war der Assistent des Englischprofessors. Daniel war dem Förderkurs Englisch zugewiesen worden, weil er so gut mit Schülern mit „besonderen Bedürfnissen“ umgehen konnte. Besondere Bedürfnisse waren in diesem Fall eine Umschreibung, die von denjenigen benutzt wurde, die an der Uni tatsächlich fleißig lernten. Er wurde verwendet, um verachtend die Studenten zu beschreiben, die sich nicht wirklich bemühten. Einer wie Daniel, der sich nie anstrengen musste. Er schien nie an irgendwas zu arbeiten. Doch irgendwie schaffte es Daniel immer wieder, sich durchzuschlagen.

Andererseits, warum sollte Daniel überhaupt lernen wollen? Das musste er nicht. Ein Treuhandfonds mit 25, ein Ferrari— okay, zwei— auf dem Campus-Parkplatz. Ferien in Europa, sich keine Sorgen um die Karriereplanung machen müssen – es wurde erwartet, dass er nach Abschluss seines Studiums in das Familienunternehmen eintreten würde. Daniel hatte es wirklich leicht und war ein Mensch mit einer wahnsinnigen Ausstrahlung. Er sah auch mit neunundzwanzig noch gut aus. Chris hatte soeben stolze 32 erreicht und Daniel war drei Jahre jünger. Er war immer noch groß. Nun, das war irgendwie klar. Er hatte immer noch den langen Pony, der kunstvoll seine Stirn betonte, trug immer noch Jeans, die mehr kosteten als Chris in einer Woche im Café verdiente, und immer noch diese abscheulichen, wenn auch teuren Sweatshirts, die er so liebte. Dieses hier war eine seltsame Mischung aus Braun und Blau und an einem anderen Mann, einem kleineren Mann, einem kürzeren, breiteren, hässlicheren, sähe es furchtbar aus. An Daniel hingegen legte sich die Baumwolle über harte Muskeln und klammerte sich an seinen Körper, bevor sie über die Hüften strich und genau den Bereich bedeckte, den Chris im College als Himmel angesehen hatte.

„Chris? Chris Matthews, bist du das?“ Chris blinzelte angesichts der tiefen, kultivierten Stimme, während sich sein Schwanz gegen den Reißverschluss seiner Hose presste. Daniel hatte diesen Effekt schon am College auf ihn gehabt, und anscheinend hatte sich daran nichts geändert. Glücklicherweise war sein bestes Stück unter der Schürze versteckt, die ihn als einen von Amelias Mitarbeitern auswies.

Daniel sprach mit ihm. Das letzte Mal, als Daniel mit ihm gesprochen hatte, war vor zehn Jahren bei der Abschlussfeier gewesen. Und dann war da noch der Weihnachts-Eierlikör-Vorfall. Fuck. Warum musste er jetzt daran denken? Hier? Mitten im verdammten Morgenansturm?

Sie waren beide über Weihnachten im College geblieben, waren die einzigen in ihren jeweiligen Wohnheimen und hatten sich nur zufällig im Café auf dem Campus getroffen. Kaffee führte zu einer Debatte über Grand Theft Auto, die zu einem heftigen Match in Daniels Studentenbude führte. Daniels Wohnung war so anders als die, die sich Chris mit sieben anderen teilte. Daniel hatte nur zwei Mitbewohner und jeder hatte sein eigenes Badezimmer. Alles war luxuriöser und ein weiteres Beispiel für den Unterschied zwischen ihnen. Bis heute konnte er sich nicht mehr erinnern, wessen Idee es war, Eierlikör zu machen, aber die Erinnerungen an das, was als nächstes geschehen war, beschäftigten ihn mehrere Jahre lang.

Daniel hatte den Inhalt seiner Tasche sanft auf die Arbeitsfläche gekippt und Chris hatte eine Hand ausgestreckt, um die Flasche Bourbon daran zu hindern, herunterzurollen. Sie hatten sich so genau an das Rezept gehalten, wie es nur zwei Jungs tun konnten, die eh schon zu viel Bier intus gehabt hatten, um den perfekten Eierlikör zu kreieren. Eier, Zucker, Muskatnuss, Sahne, dann Brandy, ein bisschen mehr Brandy und etwas Bourbon, von dem Chris einen großen Schluck probiert hatte, nur um sicherzugehen, dass alles in Ordnung war. Der Alkohol machte ihn mutig. Der Mann seiner Träume stand nur dreißig Zentimeter von ihm entfernt und schwenkte den Bourbon unter seiner Nase und forderte Chris auf, ihm zu sagen, ob er noch gut war. Dann hatte er fast die Hälfte der Flasche in den Eierlikör gekippt.

Der erste Schluck des Gebräues ließ Chris nach Luft schnappen. Der zweite betäubte den Schmerz. Von den nächsten Stunden hatte er kaum Erinnerungen, abgesehen von den intensiven Küssen unter dem Mistelzweig. Was eine totale Verschwendung war, da sein Schwanz Alkohol nicht abkonnte. Dieser Unberechenbare wäre der Sache nicht gewachsen gewesen, selbst wenn Brad Pitt nackt ins Zimmer spaziert wäre und Analsex verlangt hätte. Er wachte auf, lag auf dem Boden und sein Mund schmeckte, als wäre etwas darin gestorben, Daniel schnarchte auf dem Sofa und sein Hintern war unberührt.

Chris war dann einfach gegangen. War die zwei Blocks zu seinem Wohnheim gelaufen und den Rest des Tages den Porzellangott angebetet, wobei er mindestens zehnmal seinen Mageninhalt von sich gegeben hatte. Aber der Kuss... davon wollte er mehr. Doch das bekam er nie. Und jetzt stand genau dieser Mann, den er eigentlich versucht hatte zu vergessen, vor ihm. Und der wollte jetzt eine sinnvolle Antwort von einem normalen Kerl und plötzlich war Chris’ Kopf leer. Eigentlich wusste er genau, was er sagen sollte und wie er es sagen sollte. Aber wie bei jedem Nerd in einem schlechten Film war alles, was herauskam, kaum mehr als ein Quietschen, das normalerweise nur Teenager und kleine Hunde von sich gaben. Er hustete, klopfte sich betont auffällig auf die Brust, bevor er schluckte und es noch einmal probierte.

„Hey.“ Sehr intelligent.

„Aus dem College... Chris Matthews, richtig?“, fügte Daniel vorsichtig hinzu. Er sah etwas verwirrt aus. Vermutlich machte er sich Sorgen, dass er Chris verwechselt hatte und er ihn gar nicht kannte.

„Muffins“, fing Chris an, „ähm, ja... Chris, College, ich arbeite... ähm... Muffins.“ Gut, immerhin hatte das seinen Ständer gekillt. Vier Jahre College-Ausbildung und er wurde zu einem Idioten ohne verbale Fähigkeiten, sobald er Mr. Sexy hier sah.

Daniel lächelte. Ein leichtes, breites, fröhliches Lächeln, das seine haselnussbraunen Augen erreichte und sein ganzes Gesicht erhellte. Und da erschienen seine Grübchen, alle irgendwie niedlich – gab es das Wort überhaupt – grübchenig?

Daniel wollte sich anscheinend mit ihm unterhalten und Chris war absolut damit einverstanden. Nur, dass sein Mund und sein Kopf nicht ganz auf der gleichen Ebene waren.

„Uh huh“, brachte Chris nur hervor; Daniel hatte es schon immer geschafft, ihn so verdammt sprachlos zu machen. Er trat von einem Fuß auf den anderen und hoffte, dass es nicht auffiel. Dann sagte er plötzlich: „Was kann ich für dich tun?“ Er wollte nicht abweisend klingen, aber es hörte sich so an. Chris verfluchte in seinem Innersten diese Unbeholfenheit, die nur bei wirklich heißen Kerlen auftrat.

Jetzt wurde Daniel ruhiger, das Licht in seinen Augen wurde etwas dunkler und seine Schultern schienen sich ein klein bisschen anzuspannen. Das dauerte nur eine Sekunde und vielleicht bildete es sich Chris auch nur ein, denn Daniel straffte seine Schultern sofort wieder. Dann konzentrierte er sich auf die Muffins im Angebot und zeigte schließlich auf die Cranberry-Muffins.

„Zwölf davon bitte.“

Chris packte sie alle ein und konzentrierte sich sehr darauf, was er tat, so dass er Daniel nicht ansah oder ihm in die Augen blickte. Er übergab die Schachtel und lächelte ihn an, aber Daniel erwiderte sein Lächeln nicht. Stattdessen reichte er ihm einen 20-Dollar-Schein. Chris fummelte mit dem Wechselgeld herum und zählte die zwei Dollar und fünfundzwanzig Cent vorsichtig in Daniels ausgestreckte Handfläche, woraufhin der andere Mann ihn erwartungsvoll anschaute. Aber schließlich wurde die Erwartung zu Verwirrung, er drehte sich um und ging einfach.

„Verdammt, war der heiß.“ Chris hörte die leisen Worte und den Pfiff durch die Zähne. Er drehte sich zu Amelia um, seiner Chefin, die weitere Muffins und einen Sahnekuchen jonglierte.

„Hmmm?“ Er hatte Amelia nicht wirklich zugehört, aber offenbar sprach sie von den Muffins, oder? Chris nahm ihr sofort die neue Ladung ab und schob sie in den Glaskasten.

„Der Typ, den du gerade bedient hast: groß, dunkel und sexy.“

„Daniel.“

„Oh Gott“, flüsterte Amelia leise. „Christian James Matthews, du kleiner Schwerenöter, kennst schon seinen Namen? Also stimmt es, wenn es heißt, dass stille Wasser tief sind?“

„Ich kannte ihn vom College, okay? Ich bin kein Schwerenöter, Ame“, sagte Chris. Er murmelte die Worte, bevor er sich an seinen nächsten Kunden wandte. Der wollte drei Muffins, ein Stück Sahnetorte, einem Macchiato, einen Flat White und einen Mokka.

Er bediente diesen Kunden und den nächsten, wobei seine Gedanken an Daniel durch die meisterhafte Bewältigung des Vor-Thanksgiving – ich bin noch bei der Arbeit, brauche aber einen Muffin – Ansturm verdrängt wurden.

Wenn er so zurückdachte, dann hatte weder der Eierlikör-Vorfall, noch die Tatsache, dass Daniel ihn nach diesem Vorfall am College außerhalb des Studiums zu meiden schien, Chris’ Verliebtheit in den jüngeren Mann gedämpft. Außerdem verließ er schließlich das College, ohne diese Verliebtheit jemals öffentlich zu machen. Das Einzige, woran er sich sonst noch erinnerte, war sein letzter College-Tag. Daniel hatte ihn auf dem Parkplatz in die Enge getrieben und völlig überraschend umarmt.

„Danke für deine Hilfe bei meiner Kursarbeit“, hatte Daniel gesagt.

„Gern geschehen“, sagte Chris. Diese Antwort war dieselbe, die er allen Studenten im ersten Studienjahr gegeben hatte, denen er geholfen hatte. Kurz und bündig.

„Wir sehen uns in ein paar Jahren“, sagte Daniel.

„Okay.“

Erst später, als er im Auto saß und die beschissene Musikauswahl seiner Mutter anhörte, überlegte er, was Daniel gesagt hatte. Ein paar Jahre? Er bezweifelte, dass er den Mann jemals wiedersehen würde.

War es egal, dass Daniel in den letzten elf Jahren mehr als nur einmal eine von Chris’ Fantasien gewesen war, wenn er ein Date mit seiner rechten Hand gehabt hatte? Es war genauso egal, wie er vermutlich gerade die Chance verspielt hatte, als erwachsener und selbstbewusster Mann mit Daniel zu sprechen. Er würde Daniel nie wiedersehen. New York war eine riesige Stadt und Amelias Cafe war zwar beliebt, aber auch nur eines von vielen.

Was für eine Schande. Denn— ganz ehrlich? Daniel Bailey war immer noch verdammt heiß.

* * * 

Daniel zog sich in der Umkleide seine Uniform an und eilte zu seinem Schreibtisch. Er ließ die Schachtel mit den zwölf Cranberry-Muffins auf den Tisch fallen. Er wartete schon darauf und war nicht überrascht, als sein Partner Alex Strachen sogleich den ersten Kommentar abgab.

„Muffins sind irgendwie immer so leicht schwul, Bailey“, sagte er. „Verdammt, Süßer, konntest du nicht Donuts oder Cookies oder was anderes nicht so schwules holen?“

„Haha, Strachen“, sagte Daniel trocken. Er nahm Alex die Schachtel ab und klappte den Deckel zu. „Ich bringe sie dann eben einfach zur Verwaltung.“

„Nicht so schnell“, sagte Alex. Er streckte eine Hand aus und winkte Richtung Schachtel. „Her damit.“

Daniel stellte den Karton sehr betont wieder vor seinen Partner hin und setzte sich dann auf den nächstgelegenen Stuhl, bevor er vorwärts rutschte, um sich selbst einen Muffin zu genehmigen.

„Sind die von der Grand Street?“, meinte Alex mit vollem Mund. Er deutete auf die Adresse auf der Seite der Schachtel. „Das ist 10 Blocks entfernt.“ Er schluckte hinunter und nahm einen Schluck Kaffee. Sein Gesicht verzog sich. Der Kaffee war so scheußlich wie immer. „Und in der entgegengesetzten Richtung von deiner Wohnung.“

„Großartige Detektivarbeit“, sagte Daniel. Er biss auf eine ganze Cranberry, und der Saft der säuerlichen Frucht landete auf seiner Zunge. Gott. Diese Muffins waren himmlisch. Er sah zu, wie sie weniger wurden, als andere Kollegen sie mitnahmen. Ein kleiner Teil in ihm bedauerte das Teilen. Trotzdem bedeutete eine leere Schachtel, dass er nach Thanksgiving wieder hingehen und Chris wiedersehen konnte.

„Hat das etwas mit deinem Kerl zu tun?“ Alex beugte sich zu ihm und sprach leise. Obwohl alle seine Kollegen wussten, dass Daniel schwul war, respektierte Alex, dass er keine Details seines Privatlebens vor großem Publikum diskutieren wollte.

„Wir reden später“, bot Daniel an. Unausgesprochen hieß das: „Wenn wir draußen sind und weg von hier.“

Sie begannen mit der Routine des neuen Tages, überprüften Berichte, informierten sich und organisierten das, was zu erledigen war. Es war fast Mittag, bevor sie auf die Straße kamen, und der Schnee war ein Segen, weil er alles verlangsamte. Die Leute waren immer noch unterwegs, Autos fuhren immer noch über Ampeln und rasten um Kurven, wobei sie die Füße der wartenden Fußgänger gerade so verfehlten. Aber es lag ein Hauch von Aufregung in der Luft. Der erste Schnee sorgte immer für Freude, bevor er schmolz oder im schlimmsten Fall zu Matsch wurde. Die knackig kalte Novemberluft stach in Daniels Gesicht, aber es war okay. Hier war er zu Hause.

„Also erzähl. Hat der Kerl, den du aufgespürt hast, der Bruder oder so, dir gute Informationen zukommen lassen?“

Daniel hasste es, Polizeiinternes Material zu nutzen, um den Mann ausfindig zu machen und hatte sich stattdessen auf die gute, aber altmodische Detektivarbeit verlassen. Zu wissen, dass Chris’ Bruder in der Times arbeitete, war ein guter Anfang. Der zweite Schritt war, nachzufragen, wo sein Bruder arbeitete. Mit der Adresse in der Hand – und durch zwei Stunden früherem Feierabend – schaffte er es, Chris nach all den Jahren wiederzusehen. Es war seltsam, dass der Mann, der Daniels Studium einen Sinn gegeben hatte, in einem Café gelandet war. In seinem Kopf war Chris Lehrer geworden, oder hatte weiter studiert und es zum Englischprofessor gebracht. Alles, bloß nicht jemand, der Kaffee zubereitete und Muffins verkaufte.

„Ja, und er arbeitet dort hinter der Theke.“

„Daher die Muffins. Hat er dich erkannt?“

„Ja, hat er. Ich habe gemerkt, dass er sofort wusste, wer ich war.“

„Warst du in Uniform?“

„Ich habe sie gestern hiergelassen und mich umgezogen, bevor ich hingegangen bin. Ich wollte den Kerl nicht sofort abschrecken.“ Daniel zuckte mit den Schultern. „Er sah aus wie ein verängstigtes Kaninchen und er trug keine Brille.“

„Du erinnerst dich daran, dass er eine Brille hatte?“, lachte Alex. „Mann, dich hat es immer noch schlimm erwischt. Stehst du wirklich schon so lange auf ihn?“

Daniel hatte nicht viel von seiner Vergangenheit mit Chris erzählt. Sein Partner kannte die wichtigen Lebensabschnitte: Sohn reicher Eltern, Privatunterricht, College-Abschluss, Polizist. Er wusste nichts weiter von Chris und welchen Einfluss er auf Daniel gehabt hatte. Warum sollte er es auch erzählen? Er teilte nicht gern so viel von sich selbst mit.

„Die Sache ist einfach noch nicht abgeschlossen. Ich hätte ihn schon lange suchen sollen.“

Alex sah ihn nachdenklich an, während er geschickt den Zusammenstoß mit einer Frau vermied, die angehalten hatte, um etwas in einem Schaufenster zu betrachten, ohne sich um die Menschen um sie herum zu kümmern. Er zog eine Grimasse, ging aber weiter. Sie waren an viel Schlimmeres gewöhnt. Jeder hier draußen hatte Wichtiges zu erledigen und es war die Aufgabe eines Polizisten, dafür zu sorgen, dass er alles schaffte, egal was um ihn herum passierte.

„Also, warum hast du ihn nicht vorher gesucht?“

Daniel entdeckte einen ungepflegten Weihnachtsmann mit einer Spendenbox an einer Straßenecke und sah ihn drohend an. Er schien den Hinweis zu verstehen und verschwand. Er hatte die Kunst des harten Blickes von Alex gelernt und setzte sie effektiv ein. Manchmal waren Körpersprache und Uniform effektiver als Worte.

„Die Zeit war noch nicht reif. Ich war auf der Uni, dann habe ich gegen meine Familie gekämpft, dann war ich im Training, und dann einfach erschöpft. Ich glaube, ich habe gerade erst Fuß gefasst.“

„Gefährliches Spiel, wenn er dir wirklich so wichtig war. Was wäre passiert, wenn er vorher mit einem großen Hengst mit haselnussbraunen Augen nach Tortuga abgehauen wäre?“

„Du bezeichnest mich als Hengst, Strachen?“

Alex lachte laut und antwortete auf den Polizeifunk. Es gab einen Einsatz eine Straße weiter und plötzlich war Schluss mit Reden.

Während sie sich mit den Details beschäftigten – ein totes Kaninchen, ein Betrüger, ein weinendes Kind und die Mutter des Kindes – versuchte Daniel, seine eigenen Gedanken zu sortieren. Chris war geschockt gewesen, ihn heute Morgen zu sehen, aber er hatte ihn erkannt. Das war gut, oder? Chris war immer noch so, wie Daniel ihn in Erinnerung hatte.

Nervös. Süß – nein, nicht süß – wunderschön – und immer noch mit dem Lächeln, das Schmetterlinge in Daniels Magen aufsteigen ließ. Er würde bald wieder dorthin gehen und vielleicht sogar den Mut aufbringen, Chris um ein Date zu bitten.

Als er diese Entscheidung getroffen hatte, konzentrierte er sich auf die Geschichte, warum ein Vierjähriger ein totes Kaninchen in einem Schuhkarton gefunden hatte. Das gab es nur in New York City.

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